Lizenznehmer aufgepasst! – Dauerhafte Markenlizenz ist insolvenzfest

04.03.2016

Der BGH bestätigt mit Urteil vom 21.10.2015 – I ZR 173/14 – Ecosoil, dass dauerhaft und unwiderruflich eingeräumte Markenlizenzen im Falle einer Insolvenz des Lizenzgebers insolvenzfest sind. Der für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat setzt damit seine lizenznehmerfreundliche Rechtsprechung fort, die er bereits in früheren Entscheidungen zu urheberrechtlichen Lizenzen und zur Softwarelizenz entwickelt hat. Zuvor hatten auch das LG München I und das OLG München Patentlizenzen für insolvenzfest erklärt, wenn sie dauerhaft und unwiderruflich eingeräumt und damit praktisch wie ein Verkauf einer Lizenz zu behandeln sind.

Ausgangsfall:

Klägerin und Beklagte des Rechtsstreits sind im Bereich der Bodensanierung tätig. Die Beklagte gehörte zum ECOSOIL-Konzern, von dem sie Rechte an der Bezeichnung „ECOSOIL“ im Wege der Lizenz ableitet. Die Konzernmutter hatte der Beklagten für die Dauer des Konzerns eine unentgeltliche Lizenz zur Nutzung von „ECOSOIL“ zu Marketingzwecken eingeräumt. Zeitlich später erwarb die Klägerin von der zwischenzeitlich insolventen Konzernmutter die Markenrechte an „ECOSOIL“. Die Parteien treten beide auch unter diesem Namen im geschäftlichen Verkehr auf. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Rechte aus der Verletzung einer Gemeinschaftsmarke an „ECOSOIL“ geltend, nachdem der ECOSOIL-Konzern aufgelöst wurde. Hilfsweise kündigte die Klägerin die Lizenz. Die Beklagte beruft sich auf ihre Lizenz. Die Vorinstanzen haben der Beklagten Recht gegeben.

Wie entschied der BGH?

Der BGH bestätigt in seinem Urteil, dass ein Lizenzvertrag entsprechend einer Rechtspacht als Dauerschuldverhältnis grundsätzlich dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 Abs. 1 InsO unterfällt. Dies hatte der BGH für eine Softwarelizenz bereits im Jahre 2005 entschieden (Urt. v. 17.11.2005 – IX ZR 162/04 – Softwarenutzungsrecht). Somit ist ein Insolvenzverwalter berechtigt, einen Lizenzvertrag nach Insolvenz des Lizenzgebers zu erfüllen oder die Erfüllung abzulehnen. Dies kann für einen Lizenznehmer, der auf die Lizenz angewiesen ist, fatale wirtschaftliche Folgen haben. Allerdings ist das Wahlrecht des Insolvenzverwalters ausgeschlossen, wenn der Vertrag von beiden Seiten bereits vollständig erfüllt ist. Dies ist nach BGH bei einem Lizenzkauf regelmäßig der Fall. Denn er ist vollständig erfüllt und damit dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 Abs. 1 InsO entzogen, wenn die gegenseitigen Hauptleistungen erbracht sind, also der Lizenzgeber die Lizenz erteilt und der Lizenznehmer den Kaufpreis gezahlt hat. Da hier die Leistungen aus dem Lizenzvertrag vollständig erfüllt wurden, könne sich die Beklagte auf eine ihr von der Konzernmutter erteilte Lizenz zur Nutzung der Marke berufen.

Praxishinweis:

Das Urteil des BGH stärkt die Stellung der Lizenznehmer im Falle eines Lizenzkaufs bei Insolvenz des Lizenzgebers. Der für das Urheber- und Markenrecht zuständige I. Zivilsenat knüpft dabei an seine bisherige lizenznehmerfreundliche Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 19.07.2012 – I ZR 70/10 – M2Trade; Urt. v. 19.07.2012 – I ZR 24/11 – Take Five) an, wonach Unterlizenzen unter bestimmten Voraussetzungen insolvenzfest sind. Im vorliegenden Fall ging es um eine Markenlizenz. Doch wird man das Ergebnis auch auf andere Schutzrechte und Urheberrechte übertragen können. Zuvor hatten bereits das LG München I (Urt. v. 21.08.2014 – 7 O 11811/12(2) und das OLG München (Urt. v. 25.07.2013 – 6 U 541/12 – Qimonda) Patentlizenzen im Falle eines Lizenzkaufs für insolvenzfest erklärt. Bemerkenswert an der Entscheidung ist, dass der BGH eine dauerhafte Erteilung der Lizenz angenommen hat, obwohl die Lizenz nur solange eingeräumt wurde, wie der Konzern existiert hat. Eine weitere Besonderheit ist auch, dass kein Entgelt gezahlt, sondern die Lizenz unentgeltlich erteilt wurde. Nach BGH ist dies jedoch nicht anders zu beurteilen wie bei einem Kauf. Entscheidend ist, dass die Verpflichtungen beiderseits vor Insolvenzeröffnung vollständig erfüllt wurden. Dies war hier der Fall, weil die Lizenz ohne Kündigungsmöglichkeit eingeräumt wurde und beide Seiten ihre Leistungen erbracht hatten. Dabei stellt der BGH nicht auf den dinglichen Charakter der Lizenz, sondern auf die vertraglichen Verpflichtungen nach dem Lizenzvertrag ab. Der BGH bestätigt allerdings auch, dass bereits offene Nebenpflichten bei einer Lizenz die Insolvenzfestigkeit in Frage stellen können (Rn. 45 a.E.).

Fazit:

Da die Insolvenzfestigkeit der Lizenz in wichtigen Fallkonstellationen trotz der lizenznehmerfreundlichen Rechtsprechung des BGH nicht gewährleistet ist, ist eine Reform durch den Gesetzgeber weiterhin dringend notwendig (s. zu einem entsprechenden Gesetzgebungsvorschlag Seegel/Remmertz/Kast, ZInsO 2015, 1993ff.).