Nichtstun ist nicht genug – Die Folgen von Unterlassungsverpflichtungen

31.03.2017

Wer zur Unterlassung einer Tatsachenbehauptung oder des Vertriebs eines Produkts verpflichtet ist, darf die Hände nicht in den Schoß legen. Er kann zu umfangreichen Rückruf- und Beseitigungsmaßnahmen verpflichtet sein. Dazu kann gehören, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken, wenn der Störungszustand fortdauert. Dies gilt online und offline gleichermaßen, wie der BGH in einer Entscheidung v. 29.09.2016 – I ZB 34/15 – bestätigt hat. Andernfalls drohen empfindliche Vertragsstrafen oder saftige Ordnungsgelder.

Ausgangsfall

In der Ausgangsentscheidung des BGH wurde einem Vertriebsunternehmen untersagt, als Spirituosen gekennzeichnete Produkte unter der Bezeichnung „Rescue Tropfen“ zu vertreiben. Der Schuldner unterließ es jedoch, ihre bereits an Apotheken ausgelieferten Produkte aktiv zurückzurufen und wurde deshalb wegen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung zu empfindlichen Ordnungsgeldern verdonnert. Der BGH bestätigt dies. Unterlassen heißt nicht Nichtstun, sondern kann umfangreiche Handlungspflichten zur Beseitigung des Störungszustands auslösen. Wird der Verletzungszustand nicht beseitigt, kommt dies einer Fortsetzung der Verletzungshandlung gleich. Ist der Vertrieb eines Produkts untersagt, hat der Schuldner grundsätzlich durch einen Rückruf gegenüber seinen Abnehmern dafür zu sorgen, dass die Produkte von diesen nicht weiter vertrieben werden. Die Verpflichtung zur Beseitigung geht dabei grundsätzlich nur soweit, wie dies vom Schuldner veranlasst worden ist.

Praxishinweis

Die in § 8 Abs. 1 UWG vorgenommene Unterscheidung zwischen Beseitigung und Unterlassung spielt durch die zunehmend strenger werdende Rechtsprechung praktisch keine Rolle mehr. Soweit es dem Schuldner einer Unterlassungsverpflichtung möglich und zumutbar ist, ist er grundsätzlich auch verpflichtet, den durch sein ursprüngliches rechtswidriges Tun geschaffenen Störungszustand zu beseitigen. Dabei kann der Schuldner verpflichtet sein, sehr schnell zu handeln, um z.B. rechtswidrige Produkte aus den Regalen räumen zu lassen. Eine einfache Aufforderung an eigene Abnehmer genügt nicht. In dem Rückrufschreiben muss unmissverständlich auf die Konsequenzen eines Verstoßes, also auf einen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot mit Androhung einer Vertragsstrafe bzw. eines Ordnungsgeldes hingewiesen werden.

Diese strengen Anforderungen gelten grundsätzlich auch im Internet. Hier kann der Schuldner verpflichtet sein, auf Dritte einzuwirken, rechtswidrige Inhalte im Netz zu löschen. Suchmaschinenbetreiber wie Google müssen zur Cache-Löschung aufgefordert werden (z.B. OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.09.2015 – I-15 U 119/14). Dies ist besonders tückisch, da die im Netz in einem Cache (Zwischenspeicher) auffindbaren Inhalte trotz Löschung der Inhalte auf dem betreffenden Server noch abrufbar sein können. Google bietet zur Löschung ein eigenes Tool an. Schuldner sind gut beraten, Beseitigungsbemühungen gut zu dokumentieren, um dies im Falle einer fortgesetzten Verletzungshandlung durch Dritte nachweisen zu können. Reagiert der Dritte nicht oder nicht rechtzeitig, kann der Schuldner sich mit dem Argument verteidigen, wenigstens alles ihm Mögliche und Zumutbare unternommen zu haben.