Ansprüche auf Auskunft und Löschung von Daten in Bewertungsportalen

15.11.2014

Der BGH hat sich in zwei Entscheidungen mit der Frage befasst, ob Betroffene negativer Bewertungen in Online-Portalen Ansprüche auf Auskunft oder Löschung gegen den Portalbetreiber geltend machen können. In beiden Fällen geht es um die Bewertung von Ärzten. Der BGH stärkt die Stellung der Portabetreiber und Informationsfreiheit zu Lasten der betroffenen Ärzte und des Persönlichkeitsschutzes.

Ausgangsfälle

In dem am 01.07.2014 veröffentlichten Urteil des BGH (AZ. VI ZR 345/13) geht es um folgenden Fall: Ein anoymer Nutzer hatte in einem Bewertungsportal einen Arzt negativ bewertet und dabei unstreitig unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Der Arzt begehrte nicht nur Unterlassung, sondern auch Nennung von Name und Anschrift des anonymen Nutzers, um auch gegen ihn vorgehen zu können. Damit hatte der Arzt in den unteren Instanzen noch Recht bekommen. Der BGH hingegen verneint einen Auskunfsanspruch gegen den Portalbetreiber, da es an einer Anspruchsgrundlage im TMG (Telemediengesetz) fehle. Ein Anspruch auf Nennung des Namens und der Anschrift eines anonymen Nutzers sei nach § 14 Abs. 2 TMG nur für Zwecke der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr und zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum vorgesehen, nicht jedoch zur Durchsetzung von Persönlichhkeitsrechten. Eine wünschenswerte Regelung könne nur durch den Gesetzgeber geschaffen werden.

In dem weiteren Urteil des BGH vom 23.09.2014 (AZ. VI ZR 358/13) verlangt ein Gynäkologe Löschung seiner Basisdaten (Name, Anschrift, Fachrichtung etc.) aus einem Such- und Bewertungsportal, da er nicht über das Portal bewertet werden wollte. Auch dies lehnt der BGH ab, da die Kommunikationsfreiheit des Portalbetreibers vorrangig sei und die Daten im Internet allgemein zugänglich seien. Es gebe vor dem Hintergrund der freien Arztwahl ein öffentliches Interesse an Informationen über ärztliche Leistungen. Ein Betroffener sei auch nicht schutzlos gestellt, da er im Falle einer Persönlichkeitsrechtsverletzung Unterlassungsansprüche gegen den Portalbetreiber geltend machen könne. Der BGH betont auch in dieser Entscheidung den Grundsatz, dass Kommentare und Bewertungen im Netz anonym abgegeben werden dürfen (§ 13 Abs. 6 TMG).

Praxishinweis:

Der BGH hat in beiden Fällen zugunsten der Informationsfreiheit im Netz und zu Lasten der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Ärzte entschieden. Bei einer unzulässigen Bewertung verbleibt in jedem Fall ein Unterlassungsanspruch gegen den Portalbetreiber. Dieser ist in der Regel verpflichtet, eine rechtswidrige Bewertung über einen Dritten aus dem Portal zu entfernen, sobald er Kenntnis davon erhält. Das setzt voraus, dass er von dem Betroffenen zunächst aufgefordert werden muss, die beanstandete Bewertung aus dem Netz zu nehmen. Erst wenn der Portalbetreiber nicht reagiert oder die Entfernung verweigert, kann eine kostenpflichtige Abmahnung ausgesprochen werden. Der BGH hat nun klargestellt, dass der Betroffene keine Auskunft über die persönlichen Daten des anonymen Bewerters verlangen kann. Denn das sei mit dem – rechtspolitisch allerdings umstrittenen – Grundsatz auf Anonymität im Netz nicht vereinbar. Denkbar ist aber, dass eine Bewertung eine strafbare Beleidigung ist. Dann kann der Betroffene über die Strafverfolgungsbehörden an die Daten gelangen. Das setzt voraus, dass der Verletzte Strafanzeige gegen Unbekannt stellt und anschließend, wenn ein Strafverfahren eingeleitet wurde, über eine Akteneinsicht an die gewünschten Daten gelangt. Dieser Umweg ist für den Betroffenen mühsam und kostet wertvolle Zeit. Die Einleitung eines Strafverfahrens ist oftmals kein adäquater Ersatz. Auch ist im Grunde schwer verständlich, weshalb dem Persönlichkeitsschutz des anonymen Bewerters selbst dann Vorrang eingeräumt wird, wenn die Bewertung rechtswidrig ist, also nicht nur negativ ausfällt, sondern unwahre Tatsachenbehauptungen oder beleidigende Äußerungen enthält.

Ärzte haben nach der Entscheidung des BGH auch keinen Anspruch auf Löschung eigener Daten, die von Portalbetreibern zwecks Suche und Bewertung erhoben und verarbeitet werden. Der BGH führt aus, dass die Patienten einen Anspruch auf angemessene Informationen über ärztliche Leistungen hätten und die betroffenen Ärzte nur in ihrer „Sozialspähre“ betroffen würden. Auch diese Entscheidung ist durchaus kritisch zu sehen, da sich Betroffene im Grundsatz nicht dagegen wehren können, wenn sie von Dritten in Suchportalen erfasst und bewertet werden. Auch hier räumt der BGH der Informationsfreiheit im Netz offenbar Vorrang ein. Künftig werden davon auch andere Freiberufler wie insbesondere Anwälte oder Steuerberater betroffen sein.