Alles neu macht der März: Neues EU-Markenrecht geht an den Start

04.03.2016

Nach langer Vorbereitung fällt nun der Startschuss für das neue Markenrecht in Europa. Die Reform des EU-Markenrechts bringt die größten Veränderungen seit Einführung der Gemeinschaftsmarke vor fast zwanzig Jahren. Zum 23.03.2016 tritt die neue Unionsmarkenverordnung (als Änderungsverordnung (EU) 2015/2424) in Kraft. Bestandteil der Reform ist eine neue Kostenstruktur bei der Anmeldung und eine spürbare Senkung der Kosten bei der Verlängerung von EU-Marken. Für Inhaber von EU-Marken sind wichtige Übergangsfristen zu beachten. Künftig wird man sich auch an neue Namen gewöhnen müssen: Die Gemeinschaftsmarke wird in „Unionsmarke“ umbenannt, die vom „Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum“ (kurz: EUIPO) in Alicante verwaltet wird. Der Beitrag informiert über die wichtigsten Neuerungen.

Gleich die wichtigste Neuigkeit vorweg: Ab dem 23.03.2016 kostet die Online-Anmeldung einer Unionsmarke nur noch 850,- €, wenn man nur eine Klasse wählt. Bislang war eine Anmeldegebühr von 900,- € fällig, egal, ob man eine oder drei Klassen gewählt hat. Nunmehr wird das System auf Zahlung pro Klasse umgestellt. Für zwei Klassen kostet die Marke künftig 900,- € (wie bisher). Jede weitere Klasse schlägt mit 150,- € zu Buche. Nach neuem Recht kostet eine Unionsmarke mit drei Klassen 1.050,- € anstatt – wie bisher – 900,- €. Wichtig: Wer noch eine EU-Marke (nach altem Recht) mit drei Klassen anmelden will, der sollte dies wegen der Gebühren noch vor dem 23.03.2016 tun. Danach wird es teurer!

Die Verlängerungsgebühren werden spürbar reduziert: Galt bisher für die Online-Verlängerung einer EU-Marke eine Gebühr von 1.350,- € (einschließlich drei Klassen), so kostet dies für eine Klasse nur noch 850,- €, für zwei Klassen 900,- € und für jede weitere Klasse wird eine Extra-Gebühr von 150,- € fällig. Grund für die Reduzierung der Gebühren ist, die Unionsmarke noch attraktiver zu machen, gleichzeitig aber auch das Markenregister von nicht (mehr) benötigten Klassen zum Schutz der Wettbewerber zu entlasten. Die reduzierten Verlängerungsgebühren gelten für alle Unionsmarken, deren Ablaufdatum der 23.03.2016 oder später ist, unabhängig davon, an welchem Tag die Verlängerung beantragt und die Gebühren entrichtet werden. Zu viel bezahlte Gebühren werden vom Amt zurück erstattet.

Eine weitere wichtige Übergangsfrist gilt für alle Inhaber, die vor dem 22.06.2012 eine EU-Marke angemeldet und dabei alle Oberbegriffe einer Waren- oder Dienstleistungsklasse gewählt haben: Sie können bis zum 24.09.2016 (Samstag!) darüber entscheiden, ob sie auch die einzelnen Waren / Dienstleistungen in der jeweiligen Klasse anhand einer alphabetischen Liste beanspruchen wollen, die nicht eindeutig vom Wortlaut der Oberbegriffe gedeckt sind. Ihnen wird praktisch das Recht eingeräumt, nachträglich den Schutzbereich ihrer Marke klarzustellen. Beispiel: Wer nach altem Recht in der Klasse 15 als Oberbegriff „Musikinstrumente“ gewählt hat, kann bis zum 24.09.2016 gegenüber dem EUIPO auch „Notenständer“ beanspruchen, obwohl es sich dabei offenbar nicht um Musikinstrumente handelt. Grund: „Notenständer“ sind in der alphabetischen Liste der Klasse 15 enthalten. Hintergrund dieser Regelung ist, dass das EU-Markenamt bis zur EuGH-Entscheidung „IP Translator“ vom 19.06.2012 – C-307/10 – die Praxis vertrat, dass mit Angabe der in einer Klasse vorgegebenen Oberbegriffe „automatisch“ die in der alphabetischen Liste der Klasse zugeordneten Waren / Dienstleistungen mit umfasst sind, auch wenn sie sich vom Wortlaut nicht unter die Oberbegriffe einordnen ließen. Der EuGH hat mit der IP-Translator-Entscheidung dieser Praxis ein Ende bereitet. Vertrauensschutz genießen nur Markeninhaber, die vor Bekanntwerden der „IP-Translator“-Entscheidung des EuGH bereits eine EU-Marke angemeldet und die Oberbegriffe im Vertrauen auf die bisherige Praxis des EU-Markenamts gewählt hatten, also vor dem 22.06.2012. Das Recht, sich bis 24.09.2016 zu erklären, können aber nur die Markeninhaber beanspruchen, die alle Oberbegriffe einer Klasse gewählt haben. Fehlt ein Begriff, so können sie sich auf diese Regelung nicht berufen. Dies ist vor allem bedeutsam für Klassen, die viele Oberbegriffe haben wie z.B. 5, 9 oder 16. Wird bis zum 24.09.2016 keine Erklärung beim EUIPO eingereicht, so sind nur die Waren / Dienstleistungen in einer Klasse geschützt, die von der wörtlichen Bedeutung der angemeldeten Oberbegriffe erfasst werden. Das Amt hat dazu ergänzende Informationen auf der Website unter www.oami.eu bereit gestellt.

Wichtig ist daher, dass alle Inhaber älterer Gemeinschaftsmarken prüfen, ob sie von dieser Regelung profitieren können. Möglicherweise kann auf diesem Wege der Markenschutz für Waren oder Dienstleistungen „erweitert“ werden, an die sie ursprünglich gar nicht gedacht haben. Bis zum 24.09.2016 bleibt Zeit, entsprechende Erklärungen beim EUIPO einzureichen.

Was gibt es sonst Neues? Nach der Reform werden Markeninhaber auch besser gegen Markenpiraterie geschützt. Ihnen wird das Recht gegeben, bereits die Durchfuhr einer Ware zu stoppen, auch wenn sie für ein Drittland bestimmt ist. Zu einem späteren Zeitpunkt ab 01.10.2017 soll bei der Anmeldung einer Unionsmarke auch das Erfordernis der „grafischen Darstellbarkeit“ der Marke entfallen, um neue Markenformen wie Hör- und Geruchsmarken zu erleichtern. Für eine Hörmarke reicht dann aus, wenn ein Mp3-File zur Akte gelangt, sofern die Datei die Marke klar und eindeutig erkennen lässt.

Auch die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) hat angekündigt, bei der Anmeldung einer Internationalen Marke (sog. IR-Marke) die Gebühren für die Benennung der EU dem neuen Gebührensystem der EU anzupassen und auf eine Gebühr pro Klasse umzustellen. Die neuen Gebühren gelten ab dem 25.04.2016 (Information Notice No. 12/2016).

Teil der EU-Markenrechtsreform ist auch eine bereits in Kraft getretene neue Richtlinie, die an die neue Unionsverordnung angepasst ist und den Mitgliedsstaaten 3 Jahre Zeit lässt, die neuen Regelungen in das nationale Recht umzusetzen. Über diese das deutsche Markenrecht betreffenden Reformen wird zu einem späteren Zeitpunkt berichtet.