Bitte nicht stören! – Werbung in Auto-Reply-E-Mail unzulässig

04.03.2016

Werbung in E-Mails, die als automatische Empfangsbestätigung versandt werden, dürfen nach einem Urteil des BGH vom 15.12.2015 – VI ZR 134/15 – keine Werbung enthalten, wenn der Empfänger nicht zuvor ausdrücklich sein Einverständnis erklärt hat. Damit setzt der BGH seine strenge Rechtsprechung zum E-Mail-Marketing fort. Unternehmen müssen dies künftig in ihren E-Mails beachten.

Ausgangsfall:

Kläger des Rechtsstreits ist ein Verbraucher, der sich mit der Bitte um Bestätigung wegen einer von ihm ausgesprochenen Kündigung einer Versicherung per E-Mail an die Beklagte wandte. Diese bestätigte unter dem Betreff „Automatische Antwort auf Ihre Mail vom (…..)“ den Eingang der E-Mail des Klägers mit einem vorgegebenen Text. Am Ende der E-Mail hieß es: „Übrigens: Unwetterwarnungen per SMS kostenlos auf Ihr Handy. Ein exklusiver Service nur für S. Kunden. Infos und Anmeldung unter (….). Neu für iPhone Nutzer: Die App S. Haus & Wetter, inkl. Push Benachrichtigungen für Unwetter und vielen weiteren nützlichen Features rund um Wetter und Wohnen: (….). ***Diese E-Mail wird automatisch vom System generiert. Bitte antworten Sie nicht darauf.*** Der Kläger wandte sich daraufhin erneut per E-Mail an die Beklagte und rügte, dass er mit dieser Werbung nicht einverstanden sei. Daraufhin erhielt er wiederum dieselbe Auto-Reply-E-Mail mit der beanstandeten Werbung. Das Amtsgericht Stuttgart gab dem Kläger Recht und verurteilte die Versicherungsgesellschaft, es zu unterlassen, zum Zweck der Werbung mit dem Kläger ohne sein Einverständnis per E-Mail Kontakt aufzunehmen, wenn dies wie im Falle der Auto-Reply-E-Mail geschieht. Die Berufungsinstanz hob das Urteil auf, ließ aber die Revision zum BGH zu.

Wie entschied der BGH?

Der BGH bestätigt das amtsgerichtliche Urteil. Der Pressemitteilung des BGH vom 16.12.2015 (die Urteilsgründe liegen noch nicht vor) ist zu entnehmen, dass auch automatisch generierte Empfangsbestätigungen per E-Mail den Adressaten in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen, wenn diese Werbung entgegen seinem zuvor ausdrücklich erklärten Willen enthalten.

Praxishinweis:

Das Urteil liegt auf der strengen Linie des BGH zum E-Mail-Marketing, das Werbung per E-Mail ohne vorheriges ausdrückliches Einverständnis untersagt. Rund einen Monat später bekräftigt auch der für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat mit Urteil vom 14.01.2016 – I ZR 65/14 – Freunde finden, dass die Funktion „Freunde finden“ bei facebook ebenfalls als unzulässiger Spam einzustufen ist (ähnlich auch das Urteil desselben Senats v. 12.09.2013 – I ZR 208/12 – zum Empfehlungsmarketing per E-Mail). Die Entscheidung ist aber nicht über jeden Zweifel erhaben. Denn die Besonderheit der Auto-Reply-Funktion besteht gerade dahin, dass es im Machtbereich des Adressaten liegt, ob er eine entsprechende Bestätigungs-E-Mail (nochmals) erhält oder nicht. Schließlich geht auch die erste Initiative zur Kontaktaufnahme vom Adressaten und nicht vom Werbenden aus. Zu beachten ist auch, dass der eigentliche Zweck der No-Reply-E-Mail darin besteht, den Eingang einer E-Mail im Interesse des Adressaten zu bestätigen, auch wenn diese E-Mail Werbung enthält. Der Fall ist somit, was den Belästigungsfaktor angeht, nicht mit herkömmlichen Spam-Mails vergleichbar. Entsprechend hatte dies auch das Landgericht Stuttgart als Berufungsinstanz in dem Verfahren gesehen (Urt. v. 04.02.2015 – 4 S 165/14). Doch vom strengen Standpunkt aus gesehen, dass Werbe-Mails ohne vorheriges Einverständnis unzulässig sind, ist das Urteil konsequent. Die ausführlichen Entscheidungsgründe des BGH liegen zwar noch nicht vor. Doch muss davon ausgegangen werden, dass schon die erstmalige Versendung der No-Reply-E-Mail mit Werbung unzulässig ist. Bereits das OLG München (Urteil v. 27.09.2012 – 29 U 1682) hatte das sog. Double-opt-in-Verfahren mangels vorheriges Einverständnis der Adressaten in Frage gestellt. Der Adressat kann aus eigenem Recht Unterlassungsansprüche wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend machen. Wettbewerber von auf diese Weise werbenden Unternehmen stehen wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche zu, so dass künftig Abmahnungen mit empfindlichen Kosten drohen.

Fazit:

Auto-Responder-E-Mails dürfen künftig praktisch keine Werbung mehr enthalten, da diese immer auch an Adressaten verschickt werden, die das betreffende Unternehmen zum ersten Mal kontaktieren und kein Einverständnis mit Werbung erteilt haben. Unternehmen müssen ihre No-Reply-E-Mails entsprechend umstellen.

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 205/2015 vom 16.12.2015