Die VG WORT bittet zur Kasse - Was Verlage jetzt beachten sollten

28.11.2016

Die Verwertungsgesellschaft WORT (kurz: VG WORT) hat Ende Oktober damit begonnen, von Verlagen beträchtliche Summen zurückzufordern, die nach einem Urteil des BGH v. 21.04.2016 zu Unrecht an sie ausgekehrt wurden. Es entsprach jahrzehntelanger Praxis der VG WORT, die Verlage an den Einnahmen von Autoren pauschal zur Hälfte zu beteiligen. Dieser Praxis hat der BGH ein vorläufiges Ende gesetzt. In der Folge haben zahlreiche Verlage unangenehme Post von der VG WORT erhalten. Sie sehen sich mit beträchtlichen Rückforderungen konfrontiert. Betroffen sind ca. 4200 Verlage, überwiegend Buchverlage. Dabei geht es um Rückforderungen von insgesamt rund 100 Millionen Euro. Die VG WORT hat nun auf ihrer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 26.11.2016 einen Beschluss gefasst, der für betroffene Verlage für etwas Entspannung sorgt.

Das Problem:

Hintergrund der teils massiven Rückforderungen ist ein Urteil des BGH v. 21.04.2016 (Az. I ZR 198/13 – Verlegeranteil), wonach es der VG WORT nicht mehr gestattet ist, neben den Anteilen für die Autoren pauschal einen hälftigen Anteil an die Verlage auszuschütten. Der BGH bestätigte damit die beiden Vorinstanzen (OLG München, Urt. v. 17.10.2013 – Az. 6 U 2492/12; LG München I, Urt. v. 24.05.2012 – Az. 7 O 28640/11). Im Zuge dessen ist die VG WORT verpflichtet, für die Jahre 2012 – 2014 die zu Unrecht bezahlten Anteile von den Verlagen zurückzufordern. Um eine drohende Verjährung der Ansprüche Ende des Jahres zu verhindern, wurden die Verlage aufgefordert, bis 30.11.2016 die Beträge zurückzuzahlen. Da es mitunter um stattliche Summen geht, kann dies für kleinere Verlage existenzbedrohend sein. Aus diesem Grund wird auch auf politischer Ebene nach einer Lösung gesucht, um kleinere Verlage wirtschaftlich zu unterstützen. Parallel wird an einem neuen Gesetz gearbeitet, um die Verlage künftig an Ausschüttungen zu beteiligen. Der an dem Verfahren vor dem BGH als Streithelfer beteiligte C.H.Beck-Verlag hat zwar Verfassungsbeschwerde wegen eines unzulässigen Eingriffs in die Eigentumsrechte des Verlags eingelegt. Mit einer Entscheidung durch das BVerfG ist aber erst in ca. 1-2 Jahren zu rechnen.

Auch in der Musikbranche droht Verlegern nun eine ähnliche Entwicklung: Hier hat das Kammergericht jüngst entschieden, dass auch die GEMA, die Verwertungsgesellschaft für Musikurheber, ab dem Jahr 2010 nicht berechtigt ist, Musikverlage an den Tantiemen der Musiker zu beteiligen (KG, Urt. v. 14.11.2016 – Az. 24 U 96/14). Das Gericht folgt dabei ausdrücklich dem BGH und überträgt diese Grundsätze auf die Musikbranche. Die aktuelle Entwicklung könnte auch Auswirkungen auf die Praxis weiterer Verwertungsgesellschaften haben. Die folgenden Tipps richten sich an betroffene Verlage, die aktuell mit Rückforderungen der VG WORT konfrontiert werden.

Praxishinweis:
  • Betroffenen Verlagen wird in jedem Fall empfohlen, Rücklagen zu bilden, da im worst case damit gerechnet werden muss, die geforderten Beiträge an die VG WORT zurückzuzahlen.
  • Die VG WORT hat am 26.11.2016 eine außerordentliche Mitgliederversammlung abgehalten. Es wurde laut aktueller Pressemitteilung der VG WORT vom 27.11.2016 beschlossen, ein vereinfachtes Verfahren zum Umgang mit etwaigen Abtretungen von Nachforderungsansprüchen seitens der Autoren an die Verlage durchzuführen. Denn es ist grundsätzlich möglich, dass die Autoren die ihnen zustehenden – um die Verlagsanteile ungekürzten – Ansprüche im Nachhinein an die Verlage abtreten. Die Verlage wurden bis 30.11.2016 aufgefordert, sich an diesem Verfahren zu beteiligen und eine Verjährungsverzichtserklärung abzugeben. Dies kann im Einzelfall durchaus sinnvoll sein, um eine Rückzahlung der Verlegeranteile an die VG WORT zunächst abzuwenden und an dem von der VG WORT vorgeschlagenen Abtretungsverfahren teilzunehmen. Die Autoren können allerdings frei entscheiden, ob sie etwaige Nachforderungsansprüche an die Verlage abtreten oder nicht. Die VG WORT wird Abtretungen berücksichtigen, die bis spätestens zum 28.02.2017 bei ihr eingegangen sind. Betroffenen Verlagen sei daher empfohlen, sich auf der Homepage der VG WORT über die weitere Entwicklung zu informieren.
  • Eine Beteiligung an dem Abtretungsverfahren der VG WORT und ein Verjährungsverzicht gegenüber der VG WORT sollte im Einzelfall geprüft und sorgsam abgewogen werden.